Mit dem Buch "Nahtstellen, fühlbar, hier... – Zur Geschichte der Juden in Herne und Wanne-Eickel" hat sich Herausgeber Ralf Piorr intensiv mit dem jüdischen Leben beschäftigt.
Das Buch beginnt mit der Darstellung der Entwicklung der lokalen jüdischen Gemeinden vom Kaiserreich bis heute. Jüdische Menschen waren dabei Handelnde, Subjekte der Geschichte und führten selbst unter der Bedrängnis des NS-Systems ein eigenes Leben, das allerdings zunehmend von den antisemitischen Repressionen zerstört wurde. Dabei wird die Rolle der Täter und Profiteure nicht ausgeklammert, und der Frage, wie Ausgrenzung und „Arisierung“ vor Ort funktionierten, nachgegangen. Auch nach 1945 gab es jüdisches Leben in Herne und Wanne-Eickel, das allerdings unter anderen Vorzeichen stand: Wie gelang es den Überlebenden mit den traumatischen Erfahrungen der Shoah im „Land der Täter“ umzugehen?
Der abschließende Teil ist mit autobiographischen Erzählungen, Interviews und Porträts den Erinnerungen der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen verpflichtet, in denen die Intensität der persönlichen Erfahrungen spürbar bleibt. Dabei präsentiert das Gedächtnisbuch keine Geschichte, die es erlauben würde, einen bequemen Sicherheitsabstand zu den Geschehnissen einzunehmen.
Nahtstellen.Jüdisches Leben im Zentrum von Herne und Wanne-Eickel. Selbstbewusste Gemeinden im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Verfolgung und Vertreibung während des Nationalsozialismus. Überlebende und Rückkehrer. Ein neuer Anfang nach 1945. Die ungewisse Gegenwart.
Fühlbar. Die Leere im Zentrum der Stadt. Trauer und Verlust in den Erinnerungen der Überlebenden. Unbehagen und Befangenheit der Betrachtenden. Wie wird das begreifbar, was nicht mehr ist?