Sie sehen aus, wie Rapper eben so aussehen: Schirmmütze, Kapuzenpullis, Turnschuhe. Die jungen Mitglieder der Wanne-Eickeler Band „Homies with Skillz" stehen auf der Bühne in der Filmwelt und singen von der Gegenwart. Im Rhythmus der Musik purzeln die Worte aus ihren Mündern. Es ist der ungewöhnliche Auftakt einer Gedenkveranstaltung für die Verfolgten des Naziregimes. 350 meist jugendliche Zuhörer sitzen in dem überfüllten Kinosaal. Still sind sie und mit ihren Gedanken ganz bei jenen Menschen, die dem Terror der Jahre 1933 bis 1945 zum Opfer gefallen sind.
„Wir wollen die millionenfachen Opfer des Nationalsozialismus nicht vergessen. Wir wollen heute ganz bewusst an diese Zeit und das Leid der Menschen erinnern.“*
Bemerkenswerte Resonanz. Ein Kommentar.
Der Historiker Ralf Piorr führt durch das rund anderthalbstündige Programm. Es steht für eine neue Erinnerungskultur. Die Rituale der Vergangenheit, sagt er, die Kranzniederlegungen vor einer Handvoll schweigender Menschen, sie hätten ihre Berechtigung gehabt. Die Stadt und Piorr selbst wollten das nicht degradieren, seit 2007 aber gingen sie neue Wege. „Es ist wichtig, moderne Formen der Erinnerung zu gestalten", sagt Ralf Piorr. Sie bräuchten einen engen Bezug zur Lebenswirklichkeit, um auch jene Menschen zu erreichen, um die es gehen müsse, die jungen.
In der Filmwelt stehen vor allem Schülerinnen und Schüler auf der Bühne. Die Formen der Erinnerung an Verbrechen, Tod und Leid haben sie selbst ausgewählt. Sascha Rutzen und Till Weuder zum Beispiel, die vor nicht allzu langer Zeit die Jüdin Liesel Spencer (85) in den USA besucht haben, stellen sich einem Interview. Liesel Spencer hieß früher Kaufmann, im Alter von 15 Jahren musste sie gemeinsam mit ihrem Bruder vor den Nazis aus Röhlinghausen fliehen. Ihre Eltern wurden 1942 nach Riga deportiert und ermordet. Sascha Rutzen und Till Weuder erzählen heute von ihren Begegnungen mit der Zeitzeugin, von Herzlichkeit und einer äußerst lebendigen Freundschaft.
„Auch in unserer Stadt wurden zahlreiche jüdische Menschen gequält. Viele jüdische Familien wurden von Herne aus deportiert und starben in den Gaskammern.“*