1a, 2b, 3c, 4c, 5a, 6b, 7c, 8c
Alles still! Es tanzt den Reigen
Mondenstrahl in Wald und Flur,
Und darüber thront das Schweigen
Und der Winterhimmel nur.
Alles still! Vergeblich lauschet
Man der Krähe heisrem Schrei.
Keiner Fichte Wipfel rauschet,
Und kein Bächlein summt vorbei.
Alles still! Die Dorfeshütten
Sind wie Gräber anzusehn,
Die, von Schnee bedeckt, inmitten
Eines weiten Friedhofs stehn.
Alles still! Nichts hör ich klopfen
Als mein Herze durch die Nacht -
Heiße Tränen niedertropfen
Auf die kalte Winterpracht.
Theodor Fontane (1819 bis 1898)
Christkind kam in den Winterwald,
der Schnee war weiß, der Schnee war kalt.
Doch als das heil'ge Kind erschien,
fing's an, im Winterwald zu blühn.
Christkindlein trat zum Apfelbaum,
erweckt ihn aus dem Wintertraum.
"Schenk Äpfel süß, schenk Äpfel zart,
schenk Äpfel mir von aller Art!"
Der Apfelbaum, er rüttelt sich,
der Apfelbaum, er schüttelt sich.
Da regnet's Äpfel ringsumher·
Christkindlein's Taschen wurden schwer.
Die süßen Früchte alle nahm's,
und so zu den Menschen kam's.
Nun, holde Mäulchen, kommt, verzehrt,
was euch Christkindlein hat beschert!
Ernst von Wildenbruch (1845 bis 1909)
Bäume leuchtend, Bäume blendend,
Überall das Süße spendend.
In dem Glanze sich bewegend,
alt und junges Herz erregend -
Solch ein Fest ist uns bescheret.
Mancher Gaben Schmuck verehret·
Staunend schau'n wir auf und nieder,
Hin und Her und immer wieder.
Aber, Fürst, wenn dir's begegnet
und ein Abend so dich segnet,
dass als Lichter, dass als Flammen
von dir glänzten all zusammen
Alles, was du ausgerichtet,
Alle, die sich dir verpflichtet:
Mit erhöhten Geistesblicken
fühltest herrliches Entzücken.
Johann Wolfgang von Goethe (1749 bis 1832)
Ein Fichtenbaum steht einsam
Im Norden auf kahler Höh'.
Ihn schläfert· mit weißer Decke
Umhüllen ihn Eis und Schnee.
Er träumt von einer Palme,
Die, fern im Morgenland,
Einsam und schweigend trauert
Auf brennender Felsenwand.
Heinrich Heine (1797 bis 1856)
Markt und Strassen steh'n verlassen
still erleuchtet jedes Haus
sinnend geh ich durch die Gassen
alles sieht so festlich aus.
An den Fenstern haben Frauen
buntes Spielzeug fromm geschmückt
tausend Kindlein steh'n und schauen
sind so wunderstill beglückt.
Und ich wandre aus den Mauern
bis hinaus ins freie Feld.
Hehres Glänzen, heil'ges Schauen
wie so weit und still die Welt!
Sterne hoch die Kreise schlingen
aus des Schnee's Einsamkeit
steigt's wie wunderbares Singen
Oh Du gnadenreiche Zeit!
Joseph Freiherr von Eichendorff (1788 bis 1857)